Erstellung von Sicherheitsdatenblättern (SDB) – Teil 2

Verantwortlichkeiten und der SDB-Erstellungsprozess

MSDS-Europe – Sicherheitsdatenblatt Wissensbasis – Erstellung von Sicherheitsdatenblättern (SDB) Teil 2: Verantwortlichkeiten und der SDB-Erstellungsprozess

 

Im vorherigen Teil („Erstellung von SDB – Teil 1“) haben wir erläutert, was ein Sicherheitsdatenblatt ist und welche rechtlichen Grundlagen (REACH und CLP) dafür bestehen.

Nun besprechen wir, wer das Sicherheitsdatenblatt erstellen sollte und wie dies zu geschehen hat, welche Verantwortlichkeiten damit verbunden sind und worauf man während des Prozesses achten muss. Wir gehen außerdem darauf ein, wann für ein Produkt ein SDB erforderlich ist, wie die Erstellung Schritt für Schritt abläuft und was in Bezug auf Aktualisierung, Sprachvorgaben und Weitergabe zu beachten ist.

(Ausführliche Hinweise zu diesem Thema finden sich in dem offiziellen ECHA-Dokument „Leitlinien zur Erstellung von Sicherheitsdatenblättern“ (2021) auf der ECHA-Website.)

 

Wer ist verantwortlich für die Erstellung des SDB?

Gesetzlich ist eindeutig festgelegt, dass das Unternehmen, das ein Produkt in Verkehr bringt, letztlich für den Inhalt des SDB verantwortlich ist – in der Regel handelt es sich dabei um den Hersteller oder Importeur. Diese sind verpflichtet sicherzustellen, dass das SDB für das Produkt den REACH-Anforderungen entspricht und den nachgeschalteten Anwendern ausgehändigt wird.

Jeder Hersteller oder Importeur, der einen gefährlichen Stoff oder ein gefährliches Gemisch auf dem EU-Markt bereitstellt, muss seinen Kunden ein Sicherheitsdatenblatt in der jeweiligen Landessprache zur Verfügung stellen.

Auch Vertreiber (Händler) sind dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass das SDB des Produkts an professionelle Verwender weitergereicht wird.

Beispielsweise muss ein Farbenhändler dafür sorgen, dass dem Käufer das SDB des Produkts in deutscher Sprache (bzw. in der Sprache des Käufers) vorliegt.

 

Wann ist ein Sicherheitsdatenblatt erforderlich?

Grundsätzlich ist für jeden gefährlichen Stoff oder jedes gefährliche Gemisch ein Sicherheitsdatenblatt vorgeschrieben. Das bedeutet: Wenn ein Produkt unter die Kriterien einer Gefahrenklasse der CLP-Verordnung fällt (z.B. entzündbar, ätzend, giftig, reizend usw.), muss der Lieferant dem Anwender das SDB unaufgefordert zur Verfügung stellen.

Daneben gibt es Fälle, in denen ein Gemisch nicht als gefährlich eingestuft ist, aber aufgrund bestimmter Inhaltsstoffe dennoch ein SDB bereitgestellt werden muss (zumindest auf Anfrage).

Einige Beispiele für solche Fälle sind:

  • Nicht gefährlich eingestuftes Gemisch mit einem gefährlichen Bestandteil oberhalb eines bestimmten Konzentrationsgrenzwerts: In solchen Fällen kann ein gewerblicher Verwender ein Sicherheitsdatenblatt anfordern, und es muss ausgehändigt werden. Wenn ein Gemisch z.B. einen die Gesundheit gefährdenden Stoff in erheblicher Menge enthält, kann der Anwender gemäß REACH Artikel 31(3) ein SDB verlangen, und dieses muss dann zur Verfügung gestellt werden.
  • Gemisch mit einem Inhaltsstoff, der einen Arbeitsplatzgrenzwert besitzt: Hat ein Gemisch eine Komponente, für die ein verbindlicher Grenzwert für die Konzentration in der Luft am Arbeitsplatz festgelegt ist, muss ein SDB auf Anfrage bereitgestellt werden – selbst wenn das Gemisch selbst nicht als gefährlich eingestuft ist.
    Gemisch, das nicht für die private Endverbraucher-Verwendung bestimmt ist, aber bestimmte
  • Kennzeichnungselemente erfordert: Auch für solche Produkte muss ein SDB erstellt werden, das gewerblichen Anwendern auf Anfrage zur Verfügung gestellt wird.

 

Wichtig: Nicht für jedes Produkt ist ein SDB erforderlich.

Enthält ein Gemisch keine gefährlichen Bestandteile und ist es für den Verbraucher (Haushaltsgebrauch) bestimmt, muss in der Regel kein Sicherheitsdatenblatt bereitgestellt werden.

Dennoch können einige industrielle Abnehmer möglicherweise ein SDB für das Produkt anfordern. Es ist eine gute Praxis, dass der Hersteller in solchen Fällen dennoch ein Informationsblatt oder freiwillig ein SDB für das Produkt erstellt, da dies den Kunden hilft, das Produkt sicher zu verwenden.

 

Sprachanforderungen

Ein SDB muss stets in der Amtssprache des Landes bereitgestellt werden, in dem das Produkt vermarktet wird. In Deutschland beispielsweise wird ein Sicherheitsdatenblatt auf Deutsch benötigt. Wenn ein Unternehmen ein Produkt in mehrere EU-Länder liefert, muss das SDB in die jeweilige Amtssprache jedes Ziellandes erstellt oder übersetzt werden.

 

Wie wird ein Sicherheitsdatenblatt erstellt?

Fachkundige Person und Fachkompetenz

Den Vorschriften zufolge muss ein Sicherheitsdatenblatt von einer „fachkundigen Person“ erstellt werden. Damit ist eine Fachkraft mit entsprechender Qualifikation und Chemikaliensicherheitskenntnissen gemeint. Die offizielle Leitlinie betont zudem, dass fachkundige Personen regelmäßig geschult werden sollten, da sich die Rechtsvorschriften im Gefahrstoffbereich häufig ändern.

Falls entsprechendes Fachwissen im eigenen Haus nicht verfügbar ist, empfiehlt es sich, einen externen Berater hinzuzuziehen. Es gibt zahlreiche Firmen, die auf die Erstellung und Überprüfung von SDB spezialisiert sind und als Chemikaliensicherheitsexperten dafür sorgen, dass die erstellten Datenblätter rechtskonform sind.

 

Schritte zur Erstellung eines SDB

Die Erstellung eines Sicherheitsdatenblatts ist ein Prozess mit mehreren Schritten, in dessen Verlauf zahlreiche Informationen gesammelt und organisiert werden müssen.

Im Folgenden ein allgemeiner Überblick über den Ablauf, der in der Praxis dazu beiträgt, dass jeder Teil des SDB konsistent und vollständig ist:

 

1. Informationserfassung:

Sammeln Sie alle relevanten Daten zu dem betreffenden Stoff oder Gemisch. Dazu gehören die genaue Identität des Produkts (Name und vorhandene Identifikationsnummern wie CAS-Nummer, EG-Nummer und – bei Gemischen – der eindeutige Rezepturidentifikator UFI), die Liste der Bestandteile und deren Konzentrationen, physikalisch-chemische Eigenschaften (z.B. Siedepunkt, Dichte, pH-Wert, Flammpunkt) sowie toxikologische und ökotoxikologische Daten. Quellen können vorhandene SDB der Bestandteile, ECHA-Datenbanken, Literaturdaten und eigene Versuchsergebnisse sein. Diese Sammlung von Informationen bildet das Fundament des SDB.

 

2. Festlegung der Gefahrenklassifizierung:

Bestimmen Sie basierend auf den gesammelten Daten die Gefahrenklassifizierung des Produkts gemäß der CLP-Verordnung. Dabei ist festzulegen, in welche Gefahrenklassen der Stoff oder das Gemisch fällt (z.B. entzündbare Flüssigkeit Kategorie 2, Hautätzend Kategorie 1A, akute Toxizität Kategorie 3 usw.) und welche H-Sätze (Gefahrenhinweise) und P-Sätze (Sicherheitshinweise) zutreffen. Die Einstufung ergibt sich aus den Gefahren und Konzentrationen der Komponenten.

Achten Sie darauf, spezifische Konzentrationsgrenzwerte und M-Faktoren zu berücksichtigen und alle relevanten Gefahren des Gemischs zu bewerten.

 

3. Ausfüllen der SDB-Abschnitte:

Ist die Einstufung festgelegt, können die 16 Abschnitte des Sicherheitsdatenblatts mit den entsprechenden Informationen befüllt werden. Wichtig ist, die vorgegebene Reihenfolge und Nummerierung der Abschnitte einzuhalten. Jeder Abschnitt hat bestimmte vorgeschriebene Inhaltselemente – beispielsweise verlangt Abschnitt 1 Produktidentifikatoren und Lieferantenangaben, Abschnitt 2 enthält die Angaben zur Gefahrenidentifizierung, Abschnitt 3 listet die Bestandteile auf usw.

Konsistenz ist dabei entscheidend: Die in verschiedenen Abschnitten gemachten Angaben dürfen einander nicht widersprechen. Wenn z.B. in Abschnitt 2 ein Gemisch als entzündbar gekennzeichnet ist, müssen die Flammpunktangaben in Abschnitt 9 diese Einstufung stützen.

 

4. Prüfung und Freigabe:

Nach Fertigstellung des SDB sollte dieses gründlich überprüft werden. Im Rahmen der Qualitätskontrolle ist sicherzustellen, dass alle erforderlichen Informationen enthalten sind und keine Abschnitte fehlen oder Fehler (z.B. Tippfehler, falsche Einheiten) vorhanden sind. Es kann hilfreich sein, einen internen Experten das SDB gegenlesen zu lassen oder es mit Sicherheitsdatenblättern ähnlicher Produkte zu vergleichen. Achten Sie darauf, dass die neuesten regulatorischen Referenzen angegeben sind (z.B. die einschlägigen EU-Vorschriften und deren Änderungen).

 

5. Verteilung an die Anwender:

Das fertige Sicherheitsdatenblatt muss den Nutzern des Produkts ausgehändigt werden. Dies kann elektronisch erfolgen (z.B. per E-Mail als PDF) oder in Papierform; in jedem Fall muss es kostenlos bereitgestellt werden (REACH schreibt vor, dass das SDB dem Kunden unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden muss).

In der Praxis versenden viele Firmen das SDB beim ersten Auftrag oder der ersten Lieferung an den Käufer oder stellen es zum Download auf ihrer Website bereit.

Wichtig ist auch, dass das SDB aktuell gehalten wird: Wenn neue Informationen oder Risiken bezüglich des Produkts bekannt werden oder sich dessen Einstufung ändert (z.B. bei geänderter Zusammensetzung oder neuen toxikologischen Erkenntnissen), muss das Datenblatt unverzüglich aktualisiert werden.

 

6. Fortlaufende Aktualisierung und Versionskontrolle:

Sobald neue Informationen oder Gefahren zu einem Produkt bekannt werden oder sich seine Einstufung ändert, ist das SDB umgehend zu überarbeiten.

Die aktualisierte Version sollte an alle Empfänger versendet werden, die die vorherige Version im letzten Jahr erhalten haben (typischerweise innerhalb der letzten 12 Monate). Außerdem sollten frühere Versionen des SDB und zugehörige Daten mindestens 10 Jahre lang archiviert werden, um sie im Falle behördlicher Überprüfungen oder für spätere Nachschlagezwecke verfügbar zu haben. Es empfiehlt sich, jeder SDB einen Versionsstand und ein Datum zu geben, sodass klar erkennbar ist, welche die aktuell gültige Fassung ist. Beispiel: Version 1 – 01.06.2021; Version 2 – 15.03.2023 (überarbeitet gemäß Verordnung (EU) 2020/878).

Wenn es zu Änderungen kommt (neue Informationen, Rechtsänderungen, geänderte Produktzusammensetzung etc.), erstellen Sie eine neue Version und vermerken Sie in Abschnitt 16 des SDB, was sich geändert hat. Auf diese Weise sehen Anwender, dass eine Aktualisierung erfolgt ist, und können leichter auf dem neuesten Stand bleiben.

 

Zusammenfassend

Zusammenfassend ist die Erstellung eines SDB eine anspruchsvolle Aufgabe, die Fachkenntnis und Sorgfalt erfordert. Während des gesamten Prozesses muss bedacht werden, dass das Ziel darin besteht, Anwender zu informieren und zu schützen sowie die Einhaltung von Vorschriften sicherzustellen. Es handelt sich nicht bloß um „Papierkram“, sondern um ein wichtiges Instrument des Arbeits- und Umweltschutzes.

In den folgenden Teilen wenden wir uns den konkreten Inhaltselementen eines Sicherheitsdatenblatts zu: Wir erläutern im Detail, welche Informationen in jedem Abschnitt des SDB angegeben werden müssen.

 

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